barbara siewer fotografie
ubierring 54
50678 cologne
germany

Ende März 2020 lag in Köln eine seltsame Stille in der Luft. Viele Menschen trauten sich nicht mehr aus dem Haus.
Die Stadt schien von einer kollektiven Schockstarre überschattet zu sein.

Die Pandemie war ausgebrochen

Köln befand sich zum ersten Mal im Corona-Lockdown, keine zwei Monate nachdem in China der erste Todesfall durch eine COVID-19-Infektion gemeldet worden war. Während im Februar noch sorglos Karneval gefeiert wurde, war jetzt „stay home“ das Gebot der Stunde. Bis auf eine Notbetreuung waren Schulen und Kitas geschlossen und Spielplätze abgeriegelt. Auf den Straßen fuhren nur noch wenige Autos. Menschen aus sogenannten systemrelevanten Berufsgruppen arbeiteten zwar weiter wie bisher, für die meisten galt jedoch: Runterfahren und entschleunigen.

Am Himmel waren fast keine Flugzeuge mehr zu sehen

Im April 2020 schien wochenlang die Sonne. Sie lockte dann doch viele Menschen aus ihren Häusern. Während die Fußgängerzonen immer noch wie leergefegt waren, füllten sich die Parks, Uferpromenaden und andere Naherholungsgebiete. Vor allem die jüngeren Menschen verbrachten nun viel Zeit draußen im Freien an der smogfreien Luft. Und auch ich wollte unbedingt rausgehen und fotografisch das dokumentieren, was zu dieser Zeit direkt vor meiner Haustüre in Köln passierte: Das Leben auf der Straße mit all seinen traurigen, kuriosen und auch hoffnungsvollen Facetten.

Corona war allgegenwärtig; jedoch nicht die Opfer

Die geschlossenen Geschäfte, die allseits gegenwärtigen Abstandsregeln, Plexiglas-Schutzwände, unzählige Testzentren und nicht zuletzt die Schutzmasken hatten das Straßenbild während der Corona-Krise nach und nach sichtbar verändert. Nur die Opfer der Pandemie blieben unsichtbar. Diese Tatsache begleitete mich gedanklich unaufhörlich, während ich mit der Kamera durch die Kölner Stadtviertel streifte. Dabei traf ich auch auf Menschen, die sich der Initiative „Querdenken 711“ angeschlossen hatten. Auch sie werden in diesem Buch thematisiert. Und das nicht nur, weil diese Gruppierung die komplexe Problemlage der globalen Pandemie-Situation mit medizinischen Falschinformationen verharmlost, sondern auch, weil die „Querdenker-Bewegung“ eine weitere große Gefahr in sich birgt: Ihre zunehmende Unterwanderung durch rechtsradikale Kräfte.

Radikale Einschnitte erfolgten in Wellenbewegungen

Nachdem die Pandemie im Sommer 2020 vorerst unter Kontrolle zu sein schien und viele Urlauber zurückgekehrt waren, erreichte uns im Spätsommer die zweite Infektionswelle. Es folgte ein Teil-Lockdown im Herbst 2020 und ein harter Lockdown im Winter. Dieser Winter 20/21 war vermutlich für sehr viele Menschen einer der dunkelsten in ihrem Leben. Kinder mussten monatelang zuhause lernen, während erwerbstätige Eltern mit der Doppelbelastung überfordert waren. Wieder andere durften nicht arbeiten und hatten dadurch gravierende existentielle Sorgen. Vor allem Ältere und Alleinlebende litten unter Einsamkeit und Isolation. Der einzige Hoffnungsschimmer war, dass ab Ende Dezember 2020 die Impfkampagne in den Altenheimen starten konnte.

Im März 2021 gab es dann aufgrund eines langsamen Infektionsrückgangs wieder ein paar Lockerungen. Doch bereits nach Ostern verursachte die englische Virusvariante B1.1.7. eine dritte schwere Infektionswelle, bei der in Deutschland täglich ca. 300 Menschen an den Folgen einer Corona-Infektion starben. Aus diesem Grund wurde Ende April ein neues Notstandgesetz bundesweit verabschiedet. Die Schutzmaßnahmen wurden verschärft und konkret an Inzidenzwerte gebunden. Sogar eine nächtliche Ausgangssperre trat in Kraft. Gleichzeitig wurden flächendeckend Testzentren eingerichtet und immer mehr Schnelltests an Privatpersonen verkauft. Darüber hinaus bewirkten umfangreiche Testungen u.a. an Schulen, dass potenzielle “Superspreader” rechtzeitig erkannt und isoliert werden konnten. All das sowie steigende Impfquoten und vermutlich auch der Temperaturanstieg Ende Mai 2021 hatte letztendlich zur Folge, dass im Juni die Infektionszahlen endlich zurückgingen und sich die Situation auf den Intensivstationen entspannte.

„Der Sommer wird gut” - und dann?

Erst im Juni 2021 fielen die Inzidenzwerte merklich, so dass auch Geschäfte und Restaurants nach und nach wieder öffnen durften. Der Schulbetrieb wurde nun regulär, selbst ohne Wechselunterricht, fortgesetzt.

„Der Sommer wird gut”, twitterte sogar Karl Lauterbach im Mai 2021, der die Bevölkerung stets über die Entwicklung des Infektionsverlaufs auf dem Laufenden hielt und zuvor immer wieder vor drohenden Infektionswellen gewarnt hatte.

Trotz der Freude über die sinkenden Infektionszahlen hoffe ich sehr, dass wir Folgendes nicht vergessen werden: Je mehr die Klimaerwärmung und die Zerstörung natürlicher Lebensräume voranschreitet, desto wahrscheinlicher ist die Ausbreitung weiterer gefährlicher Zoonosen weltweit.

Nach vorne zu schauen, heißt auch, sich gemeinsam zu erinnern

Dieses Buch gibt nur einen kleinen Ausschnitt der Corona-Pandemie wieder und kann als ein subjektiver Erfahrungsbericht verstanden werden. Die Fotos bilden eine sehr persönliche Perspektive auf das öffentliche Leben in Köln in einer krisenreichen Zeit ab. Sie zeigen Menschen, die auf unterschiedliche Art versucht haben, mit dieser Krisensituation zu leben.
Ich möchte meine Erinnerungen an diese schwierige Zeit mit der Welt, vor allem aber mit den Menschen, die in dieser Stadt leben, teilen.

Barbara Siewer studierte Foto-Design an der Fachhochschule Dortmund bei Gisela Scheidler und Arno Fischer.
Sie ist als freiberufliche Fotografin im Bereich Reportage, Theaterfotografie und Portraitfotografie tätig.
Ihre Veröffentlichungen in Magazinen, Frauenzeitungen, Tageszeitungen und im Internet behandeln gesellschaftspolitische
und kulturelle Themen. Ihre freikünstlerischen Projekte wurden in zahlreichen Ausstellungen präsentiert.

Barbara Siewer lebt mit ihrer Familie in Köln.

Ausstellungen (Auswahl):
2018 Einzelausstellung im Atelier Barbara Siewer: "Peace"
2008-2016 Verschiedene Einzel- und Gemeinschaftsausstellungen in öffentlichen Lokalen, Schulen und Ateliers.
("Tokyo Girls" und "Rua Hiroshima")
2007 Einzelausstellung in der Rathausgalerie Attendorn:
"Tokyo Girls"
2001-2003 Drei Gemeinschaftsausstellungen in der Galerie Berners
in Köln
2001 Einzelausstellung in der Galerie Berners in Köln:
"Tokyo Girls"
2000 Gemeinschaftsausstellung im Erholungshaus der Kulturabteilung Bayer:
"Im Revier 1999"
1999 Gemeinschaftsausstellung bei den 5. Internationalen Fototagen in Herten: "Im Revier 1999"
1995 Gemeinschaftsausstellung in der Galerie Haus zum Stein in Mainz: "Sìdhe"
1995 Einzelausstellung in der Galerie Augustus Berlin in der Auguststr. in Berlin Mitte: "Sìdhe"
1994 Gemeinschaftsausstellung in der Galerie Le Manège in Berlin: "Wassergeister"
1994 Gemeinschaftsausstellung in der Galerie Haus zum Stein: "Wassergeister"
1993 Gemeinschaftsausstellung in der Galerie Neue Gesellschaft für Bildende Kunst
in Berlin, Oranienstraße: "Zelle 533"
1991 Gemeinschaftsausstellung bei den 1. Internationalen Fototagen in Herten: "Zelle 533"

Preise:
1994 1. Preis beim Kunstwettbewerb Eisenturm: "Wassergeister"

Bücher:
2017 Rua Hiroshima - Die Kinder im Friedensdorf
Klartext Verlag